Der Verein
Auch die Katzenmusik hat Tradition. In dieser blickt sie nach ihrer Vereinsgründung im Jahre 1872 auf mittlerweile mehr als 150 Vereinsjahre zurück. Ihre Ursprünge als Fastnacht treibende Vereinigung liegen früher.
Ihren Namen leitet die Katzenmusik von einem spätmittelalterlichen Rügebrauch ab. Mit diesem allgemein geübten Rügebrauch wurde gesellschaftliche Missbilligung ausgedrückt bei Ehebruch, zu frühem Heiraten nach dem Tod des Ehegatten / der Ehegattin oder einer unpassenden Partnerwahl. Die Betroffenen litten dadurch nicht nur “akustische Qualen”, sondern fühlten sich sozial ausgegrenzt und gedemütigt. Diese „Katzenmusiker“ verkleideten sich, damit sie unerkannt und ohne Rache befürchten zu müssen auftreten konnten. Im Zeitverlauf erfuhr der gesellschaftliche Rügebrauch eine Verschiebung hin zu fastnächtlichem Treiben in Form von lärmend vorgetragenen Musikstücken, z.B. beim Wecken am Fasnetmentig. Die ersten Musikgruppen der Villinger Katzenmusik waren die Lang´sche und dann die Kuner´sche Kapelle. Sie übernahmen die Tagreveille, den Weckruf.
Die Frage, wann die Katzenmusik erstmals mit militärisch anmutenden Uniformen und einem voranreitenden Generalfeldmarschall den Umzug aufführte, bleibt vorerst ungeklärt. Hierzu müsste weiter wissenschaftlich geforscht werden. Die heute getragenen Uniformen der Katzenmusik sind keine umgearbeiteten Militärmäntel, sondern reine Phantasieuniformen, was in einem Beitrag zu unserem Jubiläumsband von Anita Auer, Franziskanermuseum, erläutert wurde.
Die Uniformen führten zur heute bekannten „Rangordnung“. So wird der Verein vom Generalfeldmarschall geführt. Seine Stellung wird durch die Amtskette und den Marschallstab untermauert, gleichzeitig ist er vertretungsbefugter Vereinsvorstand. Waren die ersten Katzenmusiker ausschließlich zu Fuß oder beritten unterwegs, besteht ein Umzug heute aus Fuß- und Wagengruppen. Auch der Generalfeldmarschall hat den Pferderücken verlassen. Seinen Platz im Umzug hat er jetzt auf dem Galawagen. In den Anfängen wurden die Wagen von Pferden gezogen, heute werden die Wagen von Zugmaschinen bewegt. Dabei kommen „ausrangierte“ Lastenzüge aus dem vereinseigenen Fuhrpark wie auch moderne Traktoren, von Landwirten aus den Aussiedlerhöfen und Nachbargemeinden zur Verfügung gestellt, zum Einsatz. Ein angepasster selbstfahrender Rasenmäher dient als Zugmaschine für den Kindergeneral.
Zu den Fuß- und Wagengruppen mit jährlich wechselnden Themen haben sich in jüngerer Vergangenheit auch Gruppen mit stets gleicher Kostümierung gesellt. Die Katzenmusik schuf für die Jugend des Vereins eine neue Figur nach alten Vorlagen: „D‘ Katzerolli“. Zwischenzeitlich ist diese Figur mit Häs und Scheme (Maske) fester Bestandteil im Umzug.
Die Zugpolizei steht für die Ordnung im Umzug, sie bringt die Fuß- und Wagengruppen in die richtige Reihenfolge und ist gegenüber den Teilnehmern weisungsbefugt.
Ob die vorerwähnten Musikgruppen, Lang’sche und Kuner’sche Kapelle, die Bezeichnung Katzenmusik verdienten, ist nicht überliefert. Heute bringen Musikformationen der Stadtharmonie Villingen seit vielen Jahrzehnten mit Spielmannszug, Jugend- und großem Orchester Abwechslung in das Umzugsgeschehen. Am Fasnetmentig, pünktlich um 8.00 Uhr, erklingt der Marsch der Katzenmusik beim Einzug in die Niedere Straße, wie er von Musikdirektor Wolfgang Kunzelmann gekonnt in Noten gesetzt wurde. Neben den traditionellen Melodien wie dem Miau-Walzer kommen auch tagesaktuelle Titel aus allen Genres zu Gehör.
Neben der Straßenfasnet hat auch auch die Saalfasnet eine lange Tradition. Mit einer Mischung aus Schauspiel, tänzerischen und musikalischen Darbietungen wird das überwiegend aus Vereinsmitgliedern bestehende Publikum an zwei Abenden in der Neuen Tonhalle unterhalten. Modernste Bühnen-, Beleuchtungs- und Beschallungstechnik machen die Bälle der Katzenmusik zu viel beachteten Events und spannen den Bogen vom ausgehenden 19. Jahrhundert in die Moderne der 2020-er Jahre.
In ihrer mehr als 150 Jahre währenden Geschichte war es nicht immer möglich, Fasnet und Tradition zu pflegen. Kriege, ja selbst eine Pandemie ließen alle fastnächtlichen Aktivitäten vorübergehend erlahmen. Doch wie seit mehr als 70 Jahren erklingt am Fasnet-Sunntig vor dem Romäusturm aus tausenden von Kehlen der bekannte Ruf:
„Miau, miau, miau, isern Kater wen mer hau!“